Am vergangenen Samstag versammelten sich rund 110 Teilnehmende einer von der Polizei als rechtsextrem eingestuften Demonstration in Herford (NRW). Parallel dazu fanden im Innenstadtbereich insgesamt sechs angemeldete Gegendemonstrationen statt. Anmelder der Demonstration war laut Polizeiangaben Daniel Kokott, der in Sicherheitskreisen dem rechtsextremen Spektrum in Ostwestfalen zugerechnet wird. Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen mutmaßlicher Gewalttaten gegen politische Gegner sowie Personen des öffentlichen Lebens.
Gruppierungen mit bundesweiter Anreise
Unter den Teilnehmenden befanden sich mehrere Gruppierungen, die laut verschiedenen Beobachtungen der rechtsextremen Szene in Nordrhein-Westfalen zugeordnet werden. Die größte Gruppe vor Ort war der sogenannte „Deutsche Störtrupp“ (DST). Nach Eigenangaben richtet sich deren Auftreten häufig gegen politische Versammlungen des linken Spektrums sowie Veranstaltungen wie den Christopher Street Day.
Neben dem DST waren auch kleinere Gruppen jüngerer Teilnehmer vor Ort, die in Verbindung mit Organisationen stehen sollen, die von Behörden als gewaltbereit eingestuft werden. Dazu zählen unter anderem „Jung und Stark“ sowie „Deutsche Jugend Voran“ (DJV). Gegen Mitglieder beider Gruppierungen laufen nach Medien- und Behördenangaben Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen mutmaßlicher Gewalttaten gegen politische Gegner sowie Personen des öffentlichen Lebens.
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Zwischenfall auf Höhe des Diakonischen Werks in Herford
Auf Höhe des Diakonischen Werks im Evangelischen Kirchenkreis Herford e.V. positionierten sich etwa zehn Personen mit einem Transparent mit der Aufschrift „Nazis blockieren, statt tolerieren“. Die Gruppe stellte sich kurzfristig auf die Route der laufenden Versammlung, die von der Polizei als rechtsextrem eingestuft wird. Polizeikräfte setzten einfache körperliche Maßnahmen ein, um die Personen daran zu hindern, die genehmigte Route der Demonstration zu betreten.
Entlang der weiteren Strecke bildeten sich zudem kleinere Gruppen von Personen, die ihren Protest gegen die Versammlung in unterschiedlicher Form zum Ausdruck brachten.
Angriff auf Pressevertreter während der Zwischenkundgebung
Am Rande der rechtsextremen Versammlung, kam es in Folge der journalistischen Arbeit des Pressevertreters zu einem tätlichen Angriff auf ihn selbst. Ein Neonazi aus Dortmund ging den Pressevertreter körperlich an, weil dieser die Versammlung filmte. Die Polizei schritt erst verzögert ein und forderte den Pressevertreter auf, Abstand zur Versammlung zu nehmen. Der Pressevertreter argumentierte, dass man alle anwesenden Pressevertreter akzeptieren müsse oder gar keinen. Der Betroffene verzichtete vor Ort auf eine Strafanzeige.
Neben dem Angriff auf den Pressevertreter der TAZ, bedrängte man am Ende auch den Inhaber des Blogs Aktivisten im Einsatz mit mehreren Neonazis der Gruppe "Deutscher Störtrupp". Die Polizei handelte deutlich verzögert und schickte die Neonazis schließlich wieder zur eigentlichen rechtsextremen Versammlungen zurück.
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Möglicher verfassungsfeindlicher Gruß bei Versammlung in Herford
Am Ende einer Versammlung mit rechtsextremem Hintergrund in Herford hob der Teilnehmer Justin Ü. den rechten Arm. Die Geste zeigte Ähnlichkeit mit dem in Deutschland verbotenen sogenannten Hitlergruß. Justin Ü. war bereits vor einigen Wochen an der Organisation einer weiteren Versammlung in Essen beteiligt, die dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet wird. Dort riefen Teilnehmer unter anderem den Slogan: „Hurra, Hurra, die Deutschen die sind da“. Bei derselben Veranstaltung kam es zu einem tätlichen Übergriff durch einen eingesetzten Ordner auf einen Pressevertreter. Im Zusammenhang mit Gegenprotesten wurde seitens der Polizei erhebliche Gewalt angewendet.
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„Deutsche Jugend Voran“ in Berlin als rechtsextrem eingestuft
Die Gruppierung „Deutsche Jugend Voran“ (DJV) wird vom Berliner Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Ausschlaggebend für diese Einstufung sind laut Verfassungsschutz insbesondere Vorwürfe im Zusammenhang mit Körperverletzungsdelikten sowie mit abwertenden Äußerungen gegenüber Personen mit abweichender politischer Meinung oder sexueller Orientierung.
Auch in Nordrhein-Westfalen (NRW) richten sich Maßnahmen von Sicherheitsbehörden gegen Angehörige der DJV. Im Jahr 2024 führten Ermittlungsbehörden eine Durchsuchung bei mehreren Personen durch, denen eine Zugehörigkeit zur DJV zugeschrieben wird. Anlass waren Social-Media-Beiträge auf Snapchat, in denen Stich- und Schusswaffen gezeigt wurden. In NRW wurden Ermittlungen gegen sieben Personen eingeleitet, die Teil einer Chatgruppe mit insgesamt 34 Mitgliedern gewesen sein sollen. Auch in Bayern und Berlin laufen Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder dieser Gruppe wegen des Verdachts auf schwere Gewalttaten oder der Vorbereitung solcher Straftaten.
„Jung und Stark“: Hinweise auf verfassungsfeindliche Bestrebungen
Die Gruppierung „Jung und Stark“ (JS) wird von den bayerischen Verfassungsschutzbehörden beobachtet. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz teilt mit, dass es „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte“ für verfassungsfeindliche Bestrebungen einzelner Mitglieder gebe. Zwei Personen aus dem Umfeld der Gruppierung stehen im Verdacht, in Nürnberg Anschläge gegen Ausländer und politisch Andersdenkende geplant zu haben.
Aktivitäten rechtsextremer Gruppierungen in sozialen Netzwerken und auf der Straße
Rechtsextrem eingestufte Gruppierungen treten nur vereinzelt im öffentlichen Raum auf, zeigen jedoch deutlich ausgeprägte Aktivitäten in sozialen Netzwerken. Dort dokumentieren sie regelmäßig ihr Vorgehen gegen politische Gegner und rufen zur Beteiligung auf. Es kommt auch zu Beiträgen, in denen das gezielte Provozieren anderer Personen dargestellt wird.
Sicherheitsbehörden stellen fest, dass sich die Social-Media-Aktivitäten zunehmend in öffentliche Aktionen verlagern. In NRW wurden entsprechende Gruppierungen in jüngerer Vergangenheit unter anderem in Düsseldorf, Dortmund, Gelsenkirchen und zuletzt in Herford beobachtet.
Quellen: externe Quellen, Beobachtungen, Befragungen
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